Eine Rede als Schriftprobe

Was für ein schönes, geschmackvolles ›Geschenk‹ machte diese Woche die Internationale Gutenberg-Gesellschaft in Mainz e.V. ihren Mitgliedern!

Die Dankesrede der Typographin und Schriftstellerin Judith Schalansky für ihre Ernennung zur Mainzer Stadtschreiberin im Jahr 2014 in Form einer Schriftprobe. Sehr originelle Idee und hervorragend umgesetzt, nicht nur die Gestaltung von Schalansky und Jennifer Kroftova, sondern auch und vor allem der Druck im Buchdruckverfahren mit Photopolymer- respektive Nyloprint-Klischees, der, wie bereits der vorherige ›Kleine Druck‹ Nr. 114, von Daniel Klotz von den Lettertypen in Berlin auf einer alten Heidelberger Zylinder Druckmaschine ausgeführt wurde. Es ist sehr erfreulich, dass die renommierte Gutenberg-Gesellschaft den tradionellen Buchdruck nach wie vor wertschätzt und junge Werkstätten, die noch in diesem Verfahren drucken, mit solchen Aufträgen unterstützt.

Grundsätzlich bin ich kein Freund von Nyloprint-Klischees, weil der Satz am Rechner erstellt wird und der wichtige Werkprozess des Handsatzes wegfällt (dazu s. u.a. folgende Diskussion https://www.typografie.info/3/topic/37036-hipster-entdecken-papier/#comment-242073). Tatsächlich erscheinen die bisherigen ›modernen‹ Buchdrucke im Vergleich zu sorgfältig im Bleisatz erstellten Drucken auch nicht überzeugend. Im vorliegenden Fall ist das Ergebnis aber überaus gelungen, abgesehen davon, dass sich die Wiedergabe moderner, digitaler Schriften auch nicht anders hätte im Buchdruck realisieren lassen.

Schließlich ist auch der Text sehr lesenswert:

Jedes Buch ist eine Flaschenpost, die uns durch das Meer der vergangenen Zeiten erreicht – in Inhalt und Form seiner Zeit und lebenswirklichkeit verhaftet, vo der es noch immer erzählt. Diese Abgeschlossenheit jedoch erscheint nur jenen unpraktisch, der das Vergangene für ein entwicklungsgeschichtlich zurückgebliebenes Brückentier halten, das nötig war um die Gegenwart zu erreichen. Jenem hemmungslos gefrönten Fortschrittsglauben sei entgegengehalten, dass es nicht allzu viele Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich alles stetig in Richtung Vollkommenheit entwickelt. Es erscheint einfach nur aus Lebenserhaltungsgründen unumgänglich, uns genau das einzubilden.


Schalansky, Judith: Der fischäugige Konsul. Mainzer Dankesrede als Musterbuch ausgewählter Schriften, Kleine Drucke 115. Mainz: Internationale Gutenberg-Gesellschaft in Mainz e.V., 2024.

Hier passen Form und Inhalt auf vorbildliche und attraktive Weise zusammen.

Bücher, Bücher, Bücher

Am vergangenen Sonntag fand im Neuenheimer Bürgerzentrum in der Lutherstraße erstmals der ›Bücherflohmarkt‹ statt. Geboren wurde die Idee im Zusammenhang mit dem Fischerfest Anfang September und nur wenige Wochen später war der Beschluss vom Stadtteilverein gefasst. ›Gesagt, getan‹.

Plakat ›Bücherflohmarkt‹

Es war eine gelungene Premiere, wozu wahrscheinlich auch das schöne Wetter ab dem späten Vormittag beigetragen hat. In den Räumen des Bürgerzentrums haben an zahlreichen Tischen rund ein Dutzend Bürger ihre Bücher zu verschiedensten Themen angeboten. Das Interesse an den Büchern führte an den Ständen auch immer wieder zu Gesprächen und neuen Kontakten, was den zusätzlichen Reiz der Veranstaltung ausmacht, also das Treffen der Menschen und der Austausch untereinander.

Die Zahl der Besucher ist sicher noch steigerungsfähig. Dafür müsste aber noch mehr Werbung gemacht werden. Das wurde vom Veranstalter, dem Stadtteilverein Neuenheim, auch zugesagt und zugleich angekündigt, dass der ›Bücherflohmarkt‹ zweimal jährlich stattfinden soll, im Frühjahr und im Herbst, das heißt, beim nächsten Mal vielleicht und hoffentlich dann im Freien auf dem Marktplatz. Vielleicht ließe sich die Veranstaltung auch mit anderen Aktionen zum Thema ›Buch‹ ausbauen, etwa Vorträgen, Lesungen oder Darbietungen von Buchbindern und Druckwerkstätten.