Mit einem kleinen, aber feinen Geschenk bedachte mich vorgestern ›mein‹ Heidelberger Antiquar Victor Canicio Vola: Die erste Ausgabe der Zeitung ›Scharzwälder-Bote‹ vom 3. Januar 1835. Es handelt sich tatsächlich um ein einziges, beidseitig gedrucktes Blatt (36,5 × 21,1 cm), das in der Mitte gefalzt ist und somit lediglich vier Seiten umfasst.
Ins Leben gerufen hat das ›Amts- und Intelligenz-Blatt‹ vor 186 Jahren der Buchdrucker und Verleger I. E. G. Fischer in Sulz am Neckar »mit einer Auflage von knapp 100 Exemplaren«. Seine Absicht war die Gründung einer »gemeinnützigen Anstalt«, die bestrebt sei,
»durch den Inhalt des Blattes den Titel desselben, nämlich den eines Amts- und Intelligenzblattes zunächst für den Oberamtsbezirk Sulz, zu rechtfertigen und in dieser bescheidenen Sphäre jeder billigen Anforderung der verehrten Leser zu genügen«.
Offenbar war es nicht selbstverständlich, dass Sulz eine eigene Zeitung brauchte, denn Fischer meint ausdrücklich darauf hinweisen zu müssen, dass seiner Ansicht nach
»innerhalb der bestimmten Grenzen [Oberamtsbezirk Sulz] eines auf die näher liegenden Bedürfnisse des bürgerlichen und geselligen Lebens berechneten Planes der Erforschung und Erkenntnis des Neuen und Nützlichen noch immer ein weites Gebiet geöffnet bleibe«.
Vielleicht hatte er sich mit dem Unternehmen dann doch etwas überhoben, denn bereits im selben Jahr, im September, übernahm sein Teilhaber, der gelernte Schriftsetzer Friedrich Wilhelm Brandecker »den Verlag und siedelte zwei Jahre später nach Oberndorf um«, wo die Zeitung bis heute im Druck und digital erscheint (https://www.schwarzwaelder-bote.de). Nähere Informationen zu den Umständen der Gründung der Zeitung und ihrer weiteren Geschichte geben der Verleger Richard Rebmann in seiner Rede beim Festakt zum 175-jährigen Jubiläum des Schwarzwälder Boten im Jahr 2010 und Peter Wolf in einem Beitrag der Zeitung vom 2. Januar 2010 (s. auch den entsprechenden Wikipedia-Artikel).
Abgesehen davon, dass es sich um die erste Ausgabe der Zeitung handelt, sind auch die darin veröffentlichten Meldungen interessant bis amüsant. Denn neben beispielsweise amtlichen Verfügungen, Anzeigen und Lebensmittelpreisen
»wird [die Zeitung] auch in einer fortlaufenden Reihe gediegener Artikel landwirtschaftliche und ökonomische Abhandlungen, sodann Intelligenznachrichten und Privatanzeigen aller Art liefern, endlich durch eine bewährte Auswahl vermischter Aufsätze (Miscellen), Gedichte, Charaden, Räthsel etc. für eben so mannigfaltige als belehrende Unterhaltung sorgen«.
In der ersten Ausgabe sind bereits zwei solcher Miszellen abgedruckt, von denen eine besonders erstaunlich ist, weil die dort zitierte »alte abgelebte Frau« vor über 180 Jahren mit ihrem Anliegen in der Druckerei bereits auf ein Problem verweist, dass eigentlich erst heute mit den stufenlos skalierbaren Schriften am Rechner gelöst ist.
»Eine alte abgelebte Frau kam, mit ihrem Gesangbuche unter dem Arm in die Druckerei. ›Ich bin nun alt‹, sagte sie, ›und auf beiden Augen blöde; machen Sir mir doch aus diesen kleinen Buchstaben größere.‹«