Die 1912 vom Insel-Verlag unter der Leitung von Anton Kippenberg ins Leben gerufene ›Insel-Bücherei‹ gehört nicht nur zu den erfolgreichsten Buchreihen weltweit, sondern ist, so der Leipziger Buchwissenschaftler Siegfried Lokatis, »die schönste und ehrwürdigste Buchreihe der Welt« (Video-Beitrag vom 19.3.2014). Kippenbergs Anliegen war es, ansprechend gestaltete Bücher auch für ein breiteres Publikum erschwinglich zu machen. Kennzeichen der billigen Bändchen war ihre relativ hochwertige Ausstattung: Sie waren fest gebunden – bis 1927 wurden die Bände allerdings noch mit Drahtheftung gebunden, erst danach mit Fadenheftung –, mit Buntpapier bezogen und auf gutem Papier einwandfrei gedruckt. Für den Satz wurden unterschiedliche, dem Inhalt angemessene Schriften verwendet.
Ein weiteres Kennzeichen zumindest der bis in die 1970 erschienenen Bände sind das aufgeklebte Titelschild und das aufgeklebte Rückenschild in der Regel mit Angabe des Autors und des Kurztitels. Erst seit den 1980er Jahren werden Titel- und Rückenschild zumindest im Frankfurter Insel-Verlag vor allem aus Kostengründen auf den Einband mitgedruckt und das Titelschild zusätzlich eingeprägt, während im Leipziger Verlag diese noch bis zur Wende in aufwendiger Handarbeit aufgeklebt wurden.
So ist es jedenfalls meist zu lesen und so hatte ich es bislang auch in Erinnerung – bis ich vor wenigen Tagen vier bebilderte Bände aus den 1930er Jahren erwarb, deren Titel ebenfalls aufgedruckt sind.
Im Katalog der Sammlung Jenne waren in den entsprechenden Einträgen allerdings keine Angaben dazu zu finden. Aber eine stichprobenartige Recherche im online einsehbaren vorzüglichen Katalog der Sammlung Hermann Bresinsky führte zu dem Ergebnis, dass bei einigen in den 1930er und 40er Jahren sowie in Wiesbaden in den 1950er Jahren erschienenen Bänden tatsächlich bereits Titel- und Rückenschild eingedruckt wurden. Und das betrifft nicht nur Bildbände, sondern auch reine Textbände. Der ›Befund‹ wurde schließlich noch durch die folgende Aussage von Annemarie Meiner aus dem Jahr 1937 bestätigt: »Daß heute die Schildchen vielfach aus dem Muster des Einbandes ausgespart und so täuschend eingedruckt worden sind, als wäre sie wie früher aufgeklebt, wer hat das von den Hunderttausenden von Lesern bemerkt?« (Dies.: Die Insel-Bücherei und der Bücherfreund, in: Die Insel-Bücherei 1912–1937. Leipzig: Insel-Verlag, 1937. S. 37 f.) Offenbar kaum jemand.
Literatur
- Kästner, Herbert (Hrsg.): Die Insel-Bücherei: Bibliographie 1912–2012. 2., erg.Auf. Berlin: Insel Verlag, 2013
- Sarkowski, Heinz; Jeske, Wolfgang; Unseld, Siegfried: Der Insel Verlag 1899–1999. Die Geschichte des Verlags. Frankfurt a.M.: Insel Verlag, 1999. S. 116–124. 372–385. 459–462 u. passim
- Kästner, Herbert (Hrsg.): Die Insel-Bücherei: Bibliographie 1912–1999, Insel-Bücherei. Frankfurt a.M. and Leipzig: Insel Verlag, 1999
- Kästner, Herbert (Hrsg.): 75 Jahre Insel-Bücherei 1912–1987. Eine Bibliographie. Leipzig: Insel-Verlag, 1987
- Plantener, Gerd: Die Insel-Bücherei 1912–1984. Eine Bibliographie. Frankfurt a.M.: Selbstverlag, 1985
- Zeller, Bernhard (Hrsg.): Die Insel. Eine Ausstellung zur Geschichte des Verlages unter Anton und Katharina Kippenberg vom 8. Mai bis 31. Oktober 1965 des Schiller-Nationalmuseums, Katalog Bd. 15. Marbach a.N.: Deutsches Literaturarchiv im Schiller-Nationalmuseum, 1965. S. 138–159 u. passim
- Sarkowski, Heinz: 50 Jahre Insel-Bücherei 1912–1962. Frankfurt a.M.: Insel-Verlag, 1962
- Sarkowski, Heinz (Hrsg.): Der Insel-Verlag: Eine Bibliographie. 1899–1969. Frankfurt a.M.: Insel-Verlag, 1970
- Die Insel-Bücherei 1912–1937. Leipzig: Insel-Verlag, 1937
- Insel-Bücherei (Wikipedia)
- Faszination Insel-Bücherei. Eine Buchreihe schreibt deutsche Geschichte. Beitrag auf der Website zum Katalog Jenne
- Lokatis, Siegfried: Eine gesamtdeutsche Reihe? Der Nummern-Krieg und die Jubiläen der Insel-Bücherei 1962 und 1987 (2012). Beitrag auf der Website der Bundeszentrale für poitische Bildung