Was ist ein Buch?

Das ist das Schöne an Büchregalen: Man lässt den Blick an den Buchrücken entlang schweifen, ohne etwas Bestimmtes zu suchen, und findet dann wieder einen Schatz aus vergangenen Zeiten. So geschehen vor wenigen Tagen, und der Schatz ist diesmal das schöne Buch von Hans Peter Willberg ›Das Buch ist ein sinnliches Ding‹ von 1993 über die Arbeit des Herstellers oder Künstlerischen Leiters am Buch und seine Liebe zum Buch.

Für mich ist es eine der treffendsten, aufschlussreichsten Publikationen zum Thema ›Buch versus Rechner oder Bildschirm‹, vor allem der Abschnitt ›Das Buch ist eine Ware‹:

Das Lied von Herstellungsleitern und Verlegern: ›Ein Buch ist eine Ware wie jede andere, sie folgt den Gesetzen des Marktes. […]‹

Wenn das so ist, wenn das wirklich stimmt – das wäre der Tod des Buches.

Nein, ›das Buch‹ ist nicht eine Ware wie jede andere, es ist eine Ware sui generis. Es hat gegenüber den sogenannten ›neuen Medien‹ Eigenarten, die es unvergleichlich machen. Ich sage nicht ›Vorteile‹, ich sage Eigenarten. Es geht nicht darum, wer überlegen ist, es geht um die Unterschiede. Diese Eigenarten gilt es zu kultivieren, ins Bewußtsein zu bringen.

Hans Peter Willberg: Das Buch ist ein sinnliches Ding. Den Büchermachern in die Schule geplaudert, Quodlibet!. Leck: Clausen & Bosse, 1993. S. 75

Eine bessere Charakterisierung des Buches kenne ich nicht.

Und dann seine wichtige Anmerkung zum Preis eines Buches:

Bücher sind billig, paßt nicht ganz zum Thema, sei aber dennoch angebracht. Was kostet ein Paar Schuhe, was gibt man für ein T-Shirt aus, eine Bluse, gar für die aktuelle Kleidung für den aktuellen Sport? Unsere Lokale sind Abend für Abend voll besetzt. Welches Paar kommt mit einer Rechnung unter 50,– DM heraus? Ein Theaterbesuch, ein Meisterkonzert oder nur die Gebühr fürs Parkhaus: Bücher sind billig!

Ebenda S. 77

Ich bin geneigt zu sagen: Manchmal zu billig, im Vergleich zum Wert manch anderer ›Waren‹.

3 Gedanken zu „Was ist ein Buch?“

  1. Lieber Herr Schubert,

    noch ein Hinweis: Zur Bedeutung des Buches sind in den vergangenen Jahren im Göttinger Wallstein Verlag einige Bücher erschienen, die für Sie von Interesse sein könnten. Aber vielleicht kennen Sie sie schon:
    • Michael Hagner: Zur Sache des Buches. Göttingen: Wallstein, 2015
    • Roland Reuß: Die perfekte Lesemaschine. Zur Ergonomie des Buches. Göttingen: Wallstein, 2014
    • Günter Bose: Das Ende einer Last. Die Befreiung von den Büchern. Göttingen: Wallstein Verlag, 2013

  2. Lieber Herr Schubert,

    vielen Dank für die freundliche Rückmeldung. Es freut mich, dass Ihnen der Beitrag hilfreich ist. Der Band wurde damals offenbar nur für Kunden der Druckerei Clausen & Bosse produziert – er hat keine ISBN – und gelangte daher nicht in den Handel. Exemplare sind aber antiquarisch erhältlich, z.B. über eine Suche bei eurobuch.com.

    Mit bestem Gruß

    Jürgen Franssen

  3. Ich freue mich sehr über diesen Tipp. Da ich mit Kindern der Neuzeit analoge Bücher in die Hand nehme und mit ihnen schreibe und da ich mich mit Kognitionsforschern zum Thema aus -tausche, ist das vermutlich eine wichtige Quelle für einen Pirckheimer und darüber hinaus. Wo kriege ich das Buch her???

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